In der Schweiz beispielsweise ist der Bund u.a. Träger der Eidgenössischen Technischen Hochschulen und stellt die Organisation des Primarunterrichts durch die Kantone sicher. Auch an der Finanzierung der kantonalen Hochschulen ist er beteiligt. In den USA gibt es zahlreiche Bildungsprogramme des Bundes, die auch mit finanziellen Zuwendungen verknüpft sind. 1989 wurden vom Präsidenten und den Gouverneuren aller 50 Bundesstaaten im Rahmen des Programms "Goals 2000" konkrete bildungspolitische Ziele vereinbart. 2002 verpflichtete der Bund die Einzelstaaten mit dem Programm "No Child Left Behind" zu Maßnahmen, um die Leistungen der Schüler zu erhöhen, die Ergebnisse schwacher Schulen zu verbessern und die Qualifikation des Lehrpersonals anzuheben.
Dr. Gerhard Schick, Föderalismus-Experte der Bertelsmann Stiftung, warnt auf der Grundlage des Gutachtens daher auch vor einem vollständigen Rückzug des Bundes aus der Bildungspolitik: "Dass die Zentralstaaten in allen Bundesstaaten bildungspolitisch aktiv sind, ist kein Zufall. Gerade auch um seinen internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden, sollte der Bund nach wie vor über bildungspolitische Handlungsspielräume verfügen."
Die ebenfalls im Rahmen der Föderalismusreform vorgebrachten Hoffnungen der Länder auf neue Zuständigkeiten werden durch das neue Gutachten ebenfalls nicht gestützt. Danach habe fast überall die beobachtbare Dezentralisierung in der Bildungspolitik nicht zu einem Kompetenzzuwachs der dezentralen Gebietskörperschaften geführt, sondern zu einer Verlagerung auf die Bildungseinrichtungen und Institutionen der Zivilgesellschaft. Reformen im Bildungswesen werden in vielen Ländern weniger als staatliche, denn als gesellschaftliche Aufgabe verstanden.
Schick äußerte sich vor diesem Hintergrund kritisch über die deutsche Reformdebatte: "Im Machtpoker von Bund und Länder drohen jetzt innovative Lösungen, wie sie in anderen Länder zu beobachten sind, völlig unterzugehen." In vielen Bundesstaaten entschärfe die Verlagerung von bildungspolitischen Zuständigkeiten auf Einrichtungen der Zivilgesellschaft, wie z.B. die so genannten "Arm’s Length Bodies" in Großbritannien, den unproduktiven Kompetenzkonflikt zwischen den föderalen Ebenen.
Die international vergleichende Analyse mit der Titel "Struktur und Organisation des Bildungswesens in Bundesstaaten – Ein internationaler Vergleich" wurde im Auftrag der Bertelsmann Stiftung von Prof. Hans-Peter Schneider, Direktor des Instituts für Föderalismus-Forschung an der Universität Hannover, erstellt. Er hatte bereits als Sachverständiger in der Bundesstaatskommission mitgewirkt. Analysiert wurden in der Studie die Bildungs- und Erziehungssysteme in 14 Bundesstaaten – von Entwicklungsländern über Schwellenländer bis zu den Vereinigten Staaten und der Schweiz.
Das Gutachten erscheint heute in der Reihe "Forum Föderalismus 2005"“. Herausgeber sind neben der Bertelsmann Stiftung die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Stiftung Marktwirtschaft und die Friedrich-Naumann-Stiftung.