Pressemitteilung, , Gütersloh: Studie: Anzeichen für Arbeitsmarktbelebung sind trügerisch

Bertelsmann Stiftung sieht dringenden Konsolidierungsbedarf bei Staatsfinanzen

Die Zunahme der Beschäftigung sei nämlich fast ausschließlich auf Zuwächse bei den nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsformen zurückzuführen. Angewachsen wären insbesondere die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (Mini-Jobs), Existenzgründungszuschüsse (Ich-AGs) sowie die sogenannten Arbeitsgelegenheiten (1-Euro-Jobs). Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse blieben weiterhin Mangelware. "Dieser Umstand ist insbesondere vor dem Hintergrund der drückenden Finanznot in den sozialen Sicherungssystemen bedenklich", sagte Professor Heribert Meffert, Vorstandvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, bei der Veröffentlichung der Studie.

Speziell für Langzeitarbeitslose und ältere Menschen stehen die Chancen auf einen Arbeitsplatz weiterhin schlecht. Die Arbeitslosenquote der 55- bis 64-Jährigen ist in der Bundesrepublik mit 11,3 Prozent die höchste unter den 21 betrachteten Nationen. Zudem sind in Deutschland mehr als 50 Prozent der Arbeitslosen länger als 12 Monate auf Jobsuche. Nur in Griechenland ist dieser Anteil noch höher. Um vor allem Langzeitarbeitslosen den Weg in Beschäftigung zu erleichtern, ist die Schaffung eines Einstiegslohnsegmentes im regulären Arbeitsmarkt erforderlich. "Ein solcher Einstiegslohnsektor würde vor allem die Beschäftigungschancen für weniger qualifizierte Menschen erhöhen", sagte Meffert.

Besonders dringenden Handlungsbedarf sehen die Stiftungs-Experten auch beim Abbau der Staatsverschuldung. "Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene ist oberstes Gebot", betonte Meffert. Die Verschuldungsquote des deutschen Staates beträgt - nach Berechnung der OECD - 71,6 Prozent des BIP und liegt damit um mehr als 20 Prozentpunkte höher als noch 1994. Allein in Japan ist der Schuldenberg stärker angestiegen. Dagegen hat es ein Großteil der betrachteten Nationen in den vergangenen Jahren geschafft, die Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand zum Teil drastisch zu reduzieren. So konnten beispielsweise die Niederlande und Schweden die Staatsverschuldung seit 1994 um mehr als 20 Prozentpunkte, Belgien sogar um über 40 Prozentpunkte senken.

Um auch in der Bundesrepublik eine nachhaltige Konsolidierung der Staatsfinanzen zu erreichen, sollte die Lösung des Verschuldungsproblems sowohl über die Einnahmen- als auch über die Ausgabenseite erfolgen. Da deutliche Steuererhöhungen weder konjunktur- noch wachstumspolitisch vertretbar wären, sollte der Staat im Moment vorrangig seine Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Um die Wahrscheinlichkeit gesellschaftlicher Akzeptanz von staatlichen Leistungskürzungen zu erhöhen, sei eine pauschale Kürzung nach der "Rasenmähermethode" im Zweifel selektiven Streichungen vorzuziehen.

Die Bertelsmann Stiftung hatte im Herbst 2004 erstmals das Internationale Standort-Ranking veröffentlicht, das die Entwicklung der 21 wichtigsten Industrienationen in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung vergleicht und bewertet. Der halbjährlich erscheinende "Standort-Check Deutschland" aktualisiert die Ergebnisse dieser Studie und prüft, ob die Bundesrepublik bei den wesentlichen Erfolgs- und Aktivitätsgrößen Fortschritte gemacht hat oder weiter zurückgefallen ist. Der Aktivitätsindex resultiert aus den maßgeblichen Einflussgrößen für Wachstum und Beschäftigung und dient als Frühindikator für den Erfolg wirtschaftspolitischen Handelns.

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