Lange galt er als starr und unflexibel, doch inzwischen gehört der deutsche Arbeitsmarkt zu den dynamischsten in Europa. Auch deshalb kam die Bundesrepublik vergleichsweise glimpflich durch die letzte Weltwirtschaftskrise und scheint für künftige Strukturwandel gut gerüstet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), das für uns die Durchlässigkeit europäischer Arbeitsmärkte untersucht hat. Beim Thema Durchlässigkeit des Arbeitsmarkts stehen unter anderem der Wechsel zwischen Arbeitslosigkeit und Beschäftigung, befristete und unbefristete Beschäftigungsverhältnisse sowie die berufliche Mobilität im Fokus.
Eine höhere Dynamik als dem deutschen Arbeitsmarkt attestiert die Studie lediglich den Arbeitsmärkten der skandinavischen und baltischen Länder, während jene Frankreichs, Italiens und vieler südosteuropäischer Staaten als besonders unflexibel eingestuft werden. Vor allem hier wird ein hoher Bedarf an weiteren Arbeitsmarktreformen gesehen. Denn: Nicht nur das gesamtwirtschaftliche Umfeld bestimmt die Entwicklung einer Volkswirtschaft. Wie etwa Kündigungsschutz, Arbeitslosenversicherung und Qualifizierungsmaßnahmen gestaltet sind, hat großen Einfluss auf die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft. Auch die Perspektiven von Arbeitnehmern und Arbeitslosen hängen entscheidend von der Durchlässigkeit des nationalen Arbeitsmarkts ab.
EU: Befristetet Beschäftigten ist der Weg in dauerhafte Beschäftigung oft verbaut
Deutlich wird das im direkten Vergleich der Wirtschaftsnationen Deutschland und Frankreich. Hier genießen Arbeitnehmer einen vergleichsweise hohen Kündigungsschutz. Dies trägt dazu bei, dass die Hälfte aller Job-Einsteiger zunächst nur einen befristeten Arbeitsvertrag erhält. Doch während in Frankreich hoher Mindestlohn und starre Lohnsetzung hinzukommen, begleitet Deutschland den Kündigungsschutz mit flexibilisierenden Maßnahmen – was bei befristet Beschäftigten die Chancen auf eine unbefristete Anstellung erheblich erhöht. Hierzulande bekommen rund 36 Prozent von ihnen innerhalb eines Jahres einen unbefristeten Job. In Frankreich schaffen das nur knapp 11 Prozent – der geringste Wert in der EU.
In Deutschland ist zudem die berufliche Mobilität der Arbeitnehmer deutlich ausgeprägter als in den meisten anderen EU-Staaten. 8,4 Prozent der Beschäftigten wechseln jährlich die Stelle und die Wahrscheinlichkeit eines Berufswechsels liegt bei knapp 4 Prozent. In Frankreich sind die Wechselquoten nicht einmal halb so hoch. Mobiler als in Deutschland sind Arbeitnehmer nur in Estland, Großbritannien und Schweden.