Dem informellen und non-formalen Lernen kommt in Deutschland eine wachsende Bedeutung zu. Drei von vier Berufsbildungsexperten wünschen sich eine stärkere Wertschätzung von Kompetenzen, die außerhalb von Schule, Ausbildungsbetrieb oder Hochschule erworben wurden. 70% der Befragten sprechen sich außerdem für ein deutschlandweit einheitliches Anerkennungssystem aus. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer Umfrage unter mehr als 300 Experten, die wir mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Rahmen des "BIBB-Expertenmonitors Berufliche Bildung" durchgeführt haben.
Mehr als 80% der Befragten aus Arbeitnehmerorganisationen, Forschung und Weiterbildung befürworten ein bundesweites Anerkennungssystem für berufliche Kompetenzen. Auch bei Befragten aus Betrieben und Kammern findet diese Forderung eine Mehrheit (73 und 62%). Lediglich die befragten Vertreter aus Arbeitgeberorganisationen und Schulen äußern sich zurückhaltender (48 und 50% Zustimmung).
Um bislang ungenutzte Potenziale zu erschließen, benötige man für Menschen, die auf informellem Weg Kompetenzen erworben haben, verbesserte Möglichkeiten der formalen Anerkennung. Für eine solche Kultur der Anerkennung sei aber ein gemeinsames und abgestimmtes Handeln aller am Bildungsprozess beteiligten Akteure erforderlich, betont BIBB-Präsident Prof. Friedrich Hubert Esser.
Geringqualifizierte und Betriebe profitieren von einheitlichem Anerkennungssystem
Drei von vier befragten Experten glauben, dass sich durch eine verbesserte Anerkennung des informellen und non-formalen Lernens die beruflichen Chancen des Einzelnen verbessern lassen. Dies träfe insbesondere auf An- und Ungelernte zu, unterstreicht Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung. Fehlende formale Qualifikationsnachweise seien gerade für Menschen ohne Abschluss oder Geringqualifizierte eine oft unüberwindbare Hürde auf dem Weg ins Berufsleben, obwohl sie Fachkenntnisse und Erfahrung besäßen.