Die in diesem Zusammenhang meist zitierte Prognose stammt aus einer Arbeit von Frey und Osborne (2013, PDF), der zu Folge 47 Prozent der Beschäftigten in den USA in Berufen arbeiten, die in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit über 70 Prozent automatisiert werden können. In einer Übertragung und Erweiterung der Studie von Frey und Osborne auf den deutschen Arbeitsmarkt weisen 12 Prozent der Arbeitsplätze eine Automatisierungswahrscheinlichkeit auf (Bonin et al., 2015, PDF). Prognosen, die das "Ende der menschlichen Arbeit" herbeisehen, werden gerne in der Öffentlichkeit rezipiert. Allerdings weisen sie zahlreiche Schwächen auf: So beruhen die Modelle auf Experteneinschätzungen zur technologischen Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit und vernachlässigen die vielen institutionellen und auch ökonomischen Hindernisse bei der Implementierung neuer Technologien. Die Ergebnisse stützen sich in erster Linie auf das technische Automatisierungspotential, das allzu häufig mit tatsächlichen Beschäftigungseffekten gleichgesetzt wird (Bonin et al., 2015, PDF). Darüber hinaus lassen sie die Entstehung neuer Jobs, Berufe und Tätigkeiten außer Acht, die durch technologischen Fortschritt und den kontinuierlichen Strukturwandel erst ermöglich werden. Nicht zuletzt unterschätzen solche Prognosen die Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an strukturelle Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt.
In einer gemeinsamen Studie mit dem RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung fragen wir nach den Auswirkungen des technologiebedingten Strukturwandels auf die Beschäftigungsstruktur. Hier kommen wir zu dem Ergebnis, dass der Wandel nicht zu einem Ende der Arbeit führt, dieser allerdings die Art der Tätigkeiten verändert und die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt erhöht. Dabei zeigt sich die Dynamik in einem höheren Arbeitsplatz- und Berufswechsel. Für die einzelne Arbeitnehmerin und den einzelnen Arbeitnehmer – insbesondere die, die in Routinejobs arbeiten – geht dies mit einer höheren Unsicherheit und höheren Lohneinbußen einher. Umso wichtiger ist es, dass der Staat, solche Arbeitslosigkeits- und Einkommensrisiken durch funktionierende soziale Sicherungssysteme absichert und die Veränderungsbereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützt.
Wie sich das Zusammenspiel der beiden Megatrends Globalisierung und Digitalisierung auf die Einkommensungleichheit auswirkt, diskutieren wir darüber hinaus in unserem Policy Brief.