Coverfoto NEETs: 3 Jugendliche sitzen auf einem Zaun.

Zahl der NEETs leicht gestiegen – Handlungsbedarf bleibt hoch

Ende 2023 gab es in Deutschland rund 626.000 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, die sich weder in Schule noch in Beschäftigung, Ausbildung oder Studium befanden. Gerade angesichts des Fachkräftemangels sehen sich diese sogenannten NEETs häufig mit Vorurteilen konfrontiert. Mit der Neuauflage des "Faktencheck NEETs" wollen wir zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen.

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Caroline Schnelle
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Senior Expert

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Die Situation am Ausbildungsmarkt wird immer angespannter: Über 70.000 Ausbildungsplätze blieben 2023 unbesetzt, so viele wie noch nie. Und das ist nur die offiziell registrierte Zahl – die Dunkelziffer dürfte noch deutlich darüber liegen. Gleichzeitig ist aber auch die Zahl der jungen Menschen gestiegen, die aus den unterschiedlichsten Gründen auf dem Ausbildungsmarkt leer ausgegangen sind. Besonders erschreckend ist die Entwicklung der Ungelerntenquote in Deutschland: Fast 20 Prozent der jungen Menschen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren haben keinen Berufsabschluss, das heißt, weder eine Ausbildung noch ein Studium abgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund tauchte im Sommer des vergangenen Jahres vermehrt das Schlagwort "NEET" in der öffentlichen Debatte auf. Das Akronym bezeichnet Personen, die "Not in Education, Employment or Training" sind, also weder in Schule, Beschäftigung, Ausbildung oder Studium. Schnell wurde diese Abkürzung für eine pauschale Schuldzuweisung an die heutige Jugend genutzt. Der Vorwurf: Junge Menschen würden lieber herumhängen oder chillen, statt einer ordentlichen Ausbildung oder Arbeit nachzugehen.

Situation mit Fakten analysieren

Dies haben wir im vergangenen Jahr erstmals zum Anlass genommen, um mit "Abgehängt oder nur am Abhängen? – Faktencheck NEETs" die Situation auf Basis von Empirie und Fakten zu durchleuchten. Unsere jetzt veröffentlichte Neuauflage zeigt: Das Thema NEETs hat nicht an Aktualität verloren – es gewinnt vielmehr sogar noch an Relevanz.

Denn die Zahl der NEETs ist im Vorjahr leicht gestiegen: Ende 2023 gab es rund 626.000 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, die sich weder in Schule noch in Beschäftigung, Ausbildung oder Studium befanden. Das sind über 50.000 mehr als Ende 2022. Der aktuelle Anstieg der NEETs geht einher mit einer anhaltenden Schwächephase der deutschen Wirtschaft.

Dabei haben die NEETs ihren aktuellen Status aus ganz unterschiedlichen Gründen inne: Manche von ihnen haben gerade die Schule verlassen und lassen sich noch etwas Zeit, bevor sie eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Andere haben die Ausbildung oder das Studium bereits hinter sich und sind jetzt auf der Suche nach dem ersten Job. Die Kategorie "NEET" umfasst darüber hinaus junge Menschen, die gar nicht erwerbsfähig sind, etwa weil sie an einer chronischen Krankheit leiden oder kleine Kinder betreuen. Schließlich gibt es unter den NEETs auch junge Menschen, die auf der Suche nach dem passenden Berufsweg die Orientierung verloren oder sich nach gescheiterten Bewerbungen frustriert zurückgezogen haben. NEETs sind also eine sehr heterogene Gruppe – sowohl mit Blick auf ihre Lebenssituation als auch auf ihre demografischen Eigenschaften. Maßnahmen zur Reduzierung der Anzahl der NEETs können deshalb nie auf die Gesamtheit dieser Gruppe abzielen.

Zielgruppen genauer in den Blick nehmen

Nötig ist es, die unterstützungsbedürftigen Zielgruppen genauer in den Blick zu nehmen. Das ist deshalb so wichtig, weil die öffentliche Wahrnehmung vor allem auf Fachkräftemangel und unbesetzte Ausbildungsplätze fokussiert ist. Nicht zu Unrecht, denn tatsächlich bleiben immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt. Gleichzeitig finden aber auch viele Bewerber:innen keine Lehrstelle, das heißt, nicht jede:r Ausbildungsinteressierte bekommt überhaupt die Gelegenheit, sich beruflich zu qualifizieren. Neben der volkswirtschaftlichen Dimension ist es deshalb wichtig, auch diesen jungen Menschen den Zugang zu einem beruflichen Abschluss zu ermöglichen – nur so kann die Ungelerntenquote auf Dauer gesenkt werden. 

Zur Verringerung des Risikos, in einem längerfristigen NEET-Status zu verweilen, braucht es Maßnahmen auf allen Stationen des Bildungsweges. Im Schulsystem muss es vor allem darum gehen, die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen frühzeitig zu erkennen und sie bei ihrer weiteren Entwicklung zu fördern. Im Bereich der Ausbildung muss es darum gehen, so vielen Jugendlichen wie möglich die Chance auf eine Ausbildung zu geben und sie auf ihrem Weg dorthin zu unterstützen. In der Weiterbildung braucht es mehr Angebote für Teilqualifikationen und nachgeholte Ausbildungsabschlüsse, um vor allem ungelernten Menschen den Weg zu einem regulären Berufsabschluss zu ebnen.

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