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Materieller Wohlstand im demografischen Wandel möglich?

Mit dem T20-Summit am 26. und 27. Mai 2019 in Tokio erreichten die diesjährigen T20-Aktivitäten ihren Höhepunkt. Auf dem Panel "Promoting Macroeconomic Integrity in the Face of Aging Population" diskutierte Andreas Esche, wie Investitionen materiellen Wohlstand im demografischen Wandel fördern können.

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Andreas Esche
Director
Foto Martina Lizarazo López
Dr. Martina Lizarazo López
Senior Project Manager

Inhalt

Organisiert wurde das Panel von der Task Force "Aging Population and its Economic Impact +Immigration", in der sich Andreas Esche als Co-Chair und Martina Lizarazo López als Expertin engagieren. Diskutiert wurde die Frage, welche strategischen Weichenstellungen die G20-Staaten unternehmen müssen, um in Zeiten demografischer Alterung Wirtschaftswachstum und wirtschaftliche Stabilität nachhaltig zu fördern.

Andreas Esche verwies darauf, dass alternde Industrienationen einerseits Anpassungsmaßnahmen, wie etwa die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters, vornehmen müssten, um soziale Sicherungssysteme und öffentliche Finanzen zu entlasten. Andererseits sei aber auch "proaktives" Handeln erforderlich, wie z. B. die Erhöhung inländischer Investitionen in Bildung (über den gesamten Lebensverlauf), in qualitativ hochwertige und verlässliche Betreuungsstrukturen für Kinder wie für Ältere, in Integrationsmaßnahmen, digitale Infrastruktur etc.

Auf diese Weise könnten auch in einer alternden Gesellschaft das Beschäftigungsniveau, die Arbeitsproduktivität, die totale Faktorproduktivität und das BIP-Wachstum erhöht werden. Gleichzeitig kämen solche Investitionen allen Generationen zugute.

Darüber hinaus bezog Andreas Esche auch die internationale Bevölkerungsentwicklung mit ein: Während alternde Gesellschaften wie Deutschland heute einen Kapitalüberschuss aufweisen, werden sie in Zukunft – wenn sie zu den alten Gesellschaften gehören – einen höheren Kapitalbedarf haben. Wenn mehr ausländische Direktinvestitionen aus heute alternden Industrienationen mit z. T. hohen Leistungsbilanzüberschüssen in demografisch noch junge Entwicklungsländer fließen würden, könnten die Industrienationen dadurch auf lange Sicht ihr Nationaleinkommen sowie ihren Kapitalbestand erhöhen.

Entwicklungsstrategische Investitionen aus den alternden Volkswirtschaften in das Bildungs- und Gesundheitssystem sowie in die Infrastruktur der weniger entwickelten Länder könnten hingegen dazu beitragen, dass es dort künftig u.a. eine breitere Basis an qualifizierten und produktiveren Arbeitskräften gibt.

Damit die unterschiedlichen demografischen und wirtschaftlichen Entwicklungsstadien in alternden Industrienationen und in demografisch noch jungen Entwicklungsländern zu einer "Win-Win-Situation" im demografischen Wandel führen können, müssten allerdings die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in den Empfängerländern verbessert und für Investoren Rechtssicherheit sowie klar definierte und durchsetzbare Eigentumsrechte geschaffen werden. Eine Ausweitung von staatlichen Risiko-Absicherungsinstrumenten könnte auch kleinere bzw. mittelständische Unternehmen dazu bringen in weniger entwickelte Länder zu investieren.

Um eine nachhaltige Wirkung in den Entwicklungsländern zu erzielen, müssten vor allem Infrastrukturinvestitionen mit den wirtschaftlichen und regionalen Bedarfen vor Ort abgestimmt werden, auf den dort vorherrschenden Gegebenheiten aufbauen und dadurch auch das lokale Unternehmertum voranbringen. Dazu gehöre auch, dass ausländische Firmen Arbeitskräfte vor Ort ausbilden und dadurch einen tatsächlichen Wissenstransfer ermöglichen.

Im T20-Policy Brief "Fostering Prosperity – Investment and Demographic Transition" diskutieren Andreas Esche, Martina Lizarazo López und Thieß Petersen die Thematik in detaillierterer Form. Wesentliche Politikempfehlungen des Policy Briefs sind in das T20 Japan Communiqué eingeflossen, das im Rahmen des T20 Summits an H.E. Kono Taro, japanischer Außenminister und Repräsentant der japanischen G20-Präsidentschaft, übergeben wurde.