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Wie die Gründungslandschaft in Deutschland vielfältiger werden kann

Das Gründungsgeschehen in Deutschland ist hinsichtlich Quantität und Qualität ausbaufähig. Darüber besteht Konsens. Wenig beachtet und diskutiert sind die häufig ungehobenen Potenziale. Vor allem durch jene Gruppen, die im Gründungsgeschehen eine nachgeordnete Rolle zu spielen scheinen. Dabei würde sich eine intensive Beschäftigung mit ihnen besonders lohnen, auch ökonomisch.

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Julia Scheerer
Senior Project Manager
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Marc Wolinda
Project Manager
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Dr. Tobias Bürger
Project Manager
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Stefan Schelp
Teamleitung Online und Social Media / Pressesprecher

Geschlecht und Gründung

Der Anteil der Frauen bei den StartUp-Gründungen liegt bei knapp unter 20 Prozent, der der weiblichen Beschäftigten. Der in diesen Anteil der Frauen Unternehmen immerhin bei 37 Prozent. Bei den allgemeinen Existenzgründungen machen die Frauen mit 35 Prozent ebenfalls mehr als ein Drittel aus.

Eine Ursache für diesen niedrigen Anteil weiblicher Gründer zeigt sich beim Blick auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen: die fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Ein Problem, das sich dadurch verschärft, weil viele Gründerinnen zwischen Ende 20 und Anfang 30 gründen und diese Phase zeitlich mit der möglichen Familiengründung kollidiert. Um diese Rahmenbedingungen zu verbessern, bedürfte es einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit zur Verbesserung des Mutterschutzes für Gründerinnen und Selbstständige, einer Anpassung des Elterngeldes für Gründer:innen und Selbstständige, die der Arbeits- und Lebensrealität gerecht wird, sowie einer steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten.

Eine zweite Herausforderung ist die Finanzierungsproblematik. Von Frauen gegründete StartUps finanzieren sich nur zu einem Bruchteil aus Risikokapital. Diese Finanzierungsform in einer frühen Phase der Gründung führt aber in folgenden Finanzierungsrunden zu größeren Summen, die den weiblichen Gründern dann aber häufig für weitere Investitionen fehlen. Wie eine Studie der BCG zeigt, wird hier viel Potenzial verschenkt, denn von Frauen gegründete StartUps erzielen vielfach einen höheren Umsatzerlös als vergleichbare, allein von Männern geführte StartUps.

Migrantische Gründer:innen sind oft internationaler aufgestellt

Die Gründungsquote der migrantischen Bevölkerung in Deutschland ist doppelt so hoch, wie die der nicht-migrantischen Bevölkerung. Ihre Gründungen sind zudem stark international ausgerichtet, Wachstumsambitionen ausgestattet und die Gründenden haben fast immer einem akademischen Hintergrund. Diese Fakten stehen im Widerspruch zu dem Bild, dass in der Öffentlichkeit von migrantischen Gründer:innen dominant ist. Hier wäre es ein elementarer Erfolg, migrantisches Unternehmertum stärker als Wirtschaftsfaktor zu begreifen und Rollenmodelle sichtbarer zu machen, die zur Nachahmung anregen.

Es sind vor allem auch institutionelle Hürden, die es zugewanderten Gründer:innen schwer machen, in Deutschland ihr Unternehmen zu gründen. So hat jede:r dritte Gründer:in mit Migrationshintergrund Diskriminierung oder Rassismus im Kontakt mit Behörden, Ämtern oder Finanzierungsinstitutionen erfahren. 

Ein wichtiger Erfolgsfaktor für Gründungsinteressierte allgemein sind fachbezogene Netzwerke, die die Gründung unterstützen, aber insbesondere frisch Zugewanderten besonders wenig zur Verfügung stehen, zur Verfügung stehen, wenn sie erst nach dem Hochschulabschluss nach Deutschland kommen.

Zu jung oder zu alt zum Gründen 

Ein weiterer limitierender Faktor für Gründungen stellt das Alter dar. Zunächst kaum verwunderlich, sind Gründende in Deutschland mit rund 37 Jahren eher jung. Die Herausforderungen für junge Gründungswillige sind im Vergleich zu älteren allerdings noch einmal größer. Ihnen fehlen vor allem Netzwerke. Diese Netzwerke, bestehend aus anderen Gründer:innen und potenziellen Kapitalgebern, sind aber gerade für junge Menschen besonders wichtig. Insbesondere durch die Corona-Pandemie konnten junge Menschen ihre Verbindungen nicht weiter ausbauen.  Allerdings haben Gründungen in jungen Jahren auch Vorteile. Während die Angst vor dem Scheitern gerade bei Älteren groß ist, tritt diese bei jungen Gründer:innen eher in den Hintergrund. Bei ihnen existieren weniger familiäre oder finanzielle Abhängigkeiten, der Raum zum Manövrieren und die Flexibilität sind größer. Gleichwohl wiegen die Barrieren wie fehlende Vernetzung und schlechterer Zugang zu Kapital für junge Gründer:innen weitaus schwerer. Gerade junge Menschen benötigen daher noch einmal mehr Kompetenzaufbau, besseren Zugang zu Förderungen und weniger Bürokratie.

Startup-Szene Deutschland – die soziale Lage entscheidet

Ein weiterer limitierender Faktor für Gründungen stellt das Alter dar. Zunächst kaum verwunderlich, sind Gründende in Deutschland mit rund 37 Jahren eher jung. Die Herausforderungen für junge Gründungswillige sind im Vergleich zu älteren allerdings noch einmal größer. Ihnen fehlen vor allem Netzwerke. Diese Netzwerke, bestehend aus anderen Gründer:innen und potenziellen Kapitalgebern, sind aber gerade für junge Menschen besonders wichtig. Insbesondere durch die Corona-Pandemie konnten junge Menschen ihre Verbindungen nicht weiter ausbauen.  Allerdings haben Gründungen in jungen Jahren auch Vorteile. Während die Angst vor dem Scheitern gerade bei Älteren groß ist, tritt diese bei jungen Gründer:innen eher in den Hintergrund. Bei ihnen existieren weniger familiäre oder finanzielle Abhängigkeiten, der Raum zum Manövrieren und die Flexibilität sind größer. Gleichwohl wiegen die Barrieren wie fehlende Vernetzung und schlechterer Zugang zu Kapital für junge Gründer:innen weitaus schwerer. Gerade junge Menschen benötigen daher noch einmal mehr Kompetenzaufbau, besseren Zugang zu Förderungen und weniger Bürokratie.

Ein sehr komplexer Faktor, der Gründungen fördert oder begrenzt, ist die soziale Herkunft. Gerade über diese Zusammenhänge existiert bislang das geringste gesicherte Wissen. Denn soziale Herkunft ist sowohl eine komplexe als auch eine facettenreiche Diversity Dimension. Sie umfasst unter anderem das gesamte finanzielle und soziokulturelle Erbe einer Person. Gründer:innen in Deutschland entstammen in der Regel höheren Einkommens- und Bildungsschichten.

Über 50 Prozent der Gründer:innen in Deutschland haben einen Hochschulabschluss. Wie aus der Bildungsforschung hinreichend bekannt ist, hängt der Besuch einer Hochschule im Wesentlichen von dem Bildungsstand der eigenen Eltern ab. Hier bestätigt sich die Beobachtung, dass Gründen in Deutschland ein Privileg gut situierter Personen und die soziale Mobilität von Gründenden eher gering ausgeprägt ist. Diese Hypothese zu überprüfen und auf ein gesichertes, datenbasiertes Fundament zu stellen, würde die Ausgangslage zur Diskussion über die Chancen, die durch höhere soziale Mobilität der Gründenden für Deutschland entstünden, verbessern.  Die fehlenden Kenntnisse über die wichtigsten Zusammenhänge gelten auch hier ebenso wie für die übrigen Dimensionen von Geschlecht, Alter und ethnische Herkunft.

Es ist gesellschaftlich, aber auch ökonomisch ein großer Gewinn, gezielt in Wissen über die Zusammenhänge von Diversity und Gründung zu investieren. Das nicht gehobene Potenzial von verpassten Gründungen, der entgangene Gewinn für eine nachhaltige Wirtschaft aus fehlenden Gründungen deutet sich als zu groß an.

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