großes Wohnhaus Altbau mit Ukrianeflagge im Fenster in Leipzig

Ukraine: Online Austausch - Wohnen und Unterbringung

Von den fast 1 Mio. Schutzsuchenden aus der Ukraine (967.546 AZR, Stand 23. August) sind die meisten zunächst privat untergekommen: bei Familienangehörigen, Freund:innen oder den unzähligen Ehrenamtlichen, die bereitwillig Menschen aus der Ukraine aufgenommen haben. Über die Kommunalverwaltungen wurden Hotels angemietet, Wohnungen vermittelt, Container bereitgestellt. Auch viele zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich neu gegründet oder ihr Angebot verändert, um die Schutzsuchenden aus der Ukraine bei der Suche nach einer Unterkunft zu unterstützen. Zudem wurden über die Bundesländer wieder Erstunterkünfte eingerichtet. Doch viele Ehrenamtliche hatten sich nicht auf ein langes Bleiben ihrer schutzsuchenden Mitbewohner:innen eingestellt und immer mehr große Städte melden einen Aufnahmestopp.

Inhalt

Die Städte Leipzig und Krefeld sind diesmal zwei unserer Good Practice Beispiele: Sie haben die Versorgung der Schutzsuchenden aus der Ukraine mit Wohnraum durch Kommunalverwaltung und Zivilgesellschaft klug kombiniert und organisiert. Die gemeinnützige Stiftung TO HUUS vermittelt in enger Kooperation mit Hamburger Vermieter:innen wohnungslose Menschen in Wohnraum, schult und begleitet sie intensiv bei der Anmietung und hilft ihnen im gesamten ersten Wohnjahr bei Fragen und Problemen rund um das Thema Wohnen. Die Plattform #Unterkunft Ukraine hat von Beginn an freie Plätze in privaten Unterkünften geprüft, angeboten und „gematcht“.

„Es ist die größte Flüchtlingsbewegung, die wir seit jeher in Deutschland und in Europa hatten,“ führt Birgit Behrendt vom Bundesinnenministerium in die Thematik ein. Sie leitet im BMI die Projektgruppe Stab Aufnahme Ukraine. Zusätzlich zu den fast 1 Mio. Schutzsuchenden aus der Ukraine steigen auch die Zahlen der Flüchtenden aus Afghanistan, Syrien und anderen Ländern, so Behrendt. Die Unter-bringung ist damit eine enorme Herausforderung, umso wichtiger sei der Austausch zwischen Bund, Land und Kommunen.

Richard Werban von der Kontaktstelle Wohnen in Leipzig berichtet, dass diese bereits 2016 im Zuge der Fluchtbewegung aus Syrien gegründet wurde. Wurden im Schnitt der letzten Jahre etwa 20-30 Wohnungsanfragen verzeichnet, so gingen infolge des Kriegsausbruchs in der Ukraine 200-300 Anfragen im April und Mai diesen Jahres ein. „Doch, es gab und gibt auch unglaublich viele Ehrenamtliche“, so Richard Werban. Neu ist die Kooperation mit der Stadt Leipzig und der Aufbau eines Voucher-Systems der Stadt. „Der Hauptpunkt bei der Zusammenarbeit mit der Stadt ist Vertrauen,“ dieses aufzubauen, empfiehlt Werban auch anderen Kommunen.

Andreas Pamp, Leiter des Fachbereiches Migration und Integration der Stadt Krefeld, schildert das Konzept, mit dem die Stadtverwaltung Krefeld die Unterbringung der Menschen aus der Ukraine angegangen ist. Krefeld setzt auf einen Mix aus Flüchtlingsunterkünften, durch die Stadt angemieteten Wohnraum und privatem Wohnraum, um die derzeit 2.600 Personen unterzubringen. Der Koordinierungskreis der Stadtverwaltung hat eine „Taskforce privater Wohnraum“ eingerichtet, die mit den Wohlfahrtsverbänden „sehr gut“, so Andreas Pamp, zusammenarbeitet. Die Diakonie überprüft ob die Wohnungsangebote geeignet sind und orientiert sich dabei an den Richtwerten der Sozialgesetzgebung. Dadurch ist der spätere Prüfaufwand für die Sozialleistungsträger minimal. Das Matching erfolgt in Kooperation mit der Caritas, die auch den Abschluss des Mietvertrages und den Einzug begleitet.

Die Hamburger Stiftung To Huus geht aus dem ehrenamtlichen Engagement von 2016 hervor und ist inzwischen in drei Hamburger Bezirken aktiv. Sie vermittelt wohnungssuchende Ukrainer:innen an Wohngesellschaften und führt vorher mit ihnen „Casting-Gespräche“ nach bestimmten Kriterien (z.B. Aufenthaltstitel, A2-Sprachniveau u.a.). „Die Wohnungslots:innen sind das Herzstück unserer Arbeit“, so Stifterin Karina Korth. Diese werden geschult und begleiten die Schutzsuchenden auch beim Erklären und Ausfüllen von Formularen. Zudem bietet die Stiftung To Huus Renovierungshelfer:innen und eine Möbelbörse an.

„2015 habe ich als Ehrenamtlerin erlebt, dass 8 Personen in einer Kabine einer Zelthalle untergebracht waren“, schildert Felice Maltzahn von der #Unterkunft Ukraine ihre Erfahrungen. Viele haben 1 ½ Jahre so gewohnt. Mit der Online Plattform #unterkunft-ukraine.de sollte die Unterbringung besser gelingen. Bereits 160.000 Gastgeber:innen haben sich hier registriert, 46.000 Ukrainer:innen wurden bereits in Wohnungen vermittelt. Hilfsbereitschaft und Engagement sind groß, viele Freundschaften sind entstanden. „Nun wünschen wir uns noch mehr Austausch mit Kommunen“, so Felice Maltzahn.

Im anschließenden Austausch kamen weitere Fragen zur Sprache, beispielsweise, durch wen die stei-genden Strom- und Heizkosten für die ukrainischen Mieter:innen aufgefangen werden können. 

Der nächste Online-Austausch von Bertelsmann Stiftung, Alliance4Ukraine und Familiengerechte Kommune e.V.  findet am 18. Oktober 2022 zum Thema Kompetenzen (an)erkennen statt. Das Format wird alle 14 Tage dienstags in der frühen Mittagszeit, in der Regel von 11:30 bis 12:30 Uhr angeboten.​​

Weitere Infos: www.willkommen-in-kommunen.de