Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Zusammenleben in Vielfalt in Deutschland im Großen und Ganzen gut gelingt. Eine deutliche Mehrheit der Befragten mit und jener ohne Migrationshintergrund äußert sich positiv über ihr Leben in Deutschland: Rund 80 Prozent geben jeweils an, sich in Deutschland zu Hause und mit Deutschland verbunden zu fühlen. Gut 70 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie mit ihrem Leben in Deutschland heute alles in allem zufrieden sind. Menschen mit und Menschen ohne Migrationshintergrund sind sich außerdem mit jeweils fast 80 Prozent Zustimmung darüber einig, dass es für die Zugehörigkeit zu Deutschland in erster Linie darauf ankommt, dass jemand schon lange in Deutschland lebt, die Sprache spricht und seinen bzw. ihren Beitrag zur Gesellschaft leistet.
Wie wächst die Einwanderungsgesellschaft zusammen?
Deutschland ist ein Einwanderungsland – dieser Fakt ist heute in Politik und Gesellschaft weitgehend akzeptierte Realität. Das Zusammenleben in kultureller Vielfalt hat in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, seine weitere Gestaltung bleibt aber eine wichtige Zukunftsaufgabe. Dabei spielen Fragen von Teilhabe, Verbundenheit und Zugehörigkeit eine wichtige Rolle. Wir wollten wissen, wo Deutschland bei diesen Themen aktuell steht, und haben die Bevölkerung befragt.
Eine große Mehrheit der Befragten fühlt sich mit Deutschland verbunden
Es gibt Anzeichen für ungleiche Teilhabechancen und Ausgrenzung
Während die Lebenszufriedenheit der Befragten grundsätzlich hoch ist, gibt es dennoch Anzeichen dafür, dass Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland noch immer Ausgrenzung erfahren und schlechtere Teilhabechancen haben. So äußern sie häufiger, manchmal das Gefühl zu haben, in der Gesellschaft nicht richtig dazuzugehören. Weiter geben sie öfter an, es im Vergleich zu den meisten anderen Menschen schwerer zu haben, eine geeignete Wohnung zu bekommen, einen passenden Arbeitsplatz zu finden oder einen guten Bildungsabschluss zu erzielen. „Dies deutet darauf hin, dass Diskriminierung in vielen Lebensbereichen noch immer stattfindet“, erklärt Kai Unzicker, Experte für gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Daher sollte man die Gesellschaft noch stärker für Diskriminierung sensibilisieren und die Politik sollte Antidiskriminierungsmaßnahmen intensivieren, vor allem in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Bildung“, so Unzicker.
Die Bevölkerung blickt mit Ambivalenz auf Vielfalt
Dass migrationsbedingte Vielfalt in Deutschland mit gemischten Gefühlen betrachtet wird, zeigt die Ambivalenz der Befragten beim Thema „Einwanderung“: Etwas mehr als die Hälfte gibt an, die Vielfalt, die durch Einwanderung entsteht, vor allem als eine Bereicherung des Lebens zu erleben; zugleich sind jedoch auch knapp über 60 Prozent der Ansicht, dass die Politik die Zahl der Einwanderer und Einwanderinnen nach Deutschland deutlich begrenzen solle. Dass Deutschland alles in allem durch Einwanderung mehr Vorteile als Nachteile habe, meint mit 49 Prozent wiederum knapp die Hälfte der Befragten. „Die Politik sollte Zuwanderung so gestalten, dass die Vorteile und Chancen noch stärker zum Tragen kommen“, erklärt Integrationsexpertin Ulrike Wieland. Das Leitbild dafür müsse Fairness im Sinne eines ‚Triple Win‘ sein: „Es geht um eine vorteilhafte Gestaltung für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch für die Zugewanderten selbst sowie für die Herkunftsländer“, so Wieland.
Vielfalt könnte in Zukunft noch stärker als Normalität empfunden werden
Dass die Einwanderungsgesellschaft in Zukunft noch stärker als Normalität empfunden werden könnte, macht der Blick auf die Einstellungen der jüngsten Befragten im Alter von 18 bis 29 Jahren deutlich. Sie zeigen sich offener für migrationsbedingte Vielfalt als ältere Menschen – und das unabhängig davon, ob sie einen Migrationshintergrund haben oder nicht. „Die heute jungen Menschen wachsen bereits mit mehr Vielfalt auf, erleben sie als Alltag. Das spricht dafür, dass die Einwanderungsgesellschaft in Zukunft insgesamt mit mehr Gelassenheit betrachtet werden könnte“, erläutert Ulrike Wieland.
„Migrationshintergrund“: Statistische Einordnung und Selbstbeschreibung sind nicht deckungsgleich
Die Befragungsergebnisse zeigen auch, dass Menschen den Bezug zur Migration in ihrer eigenen Biografie oder in ihrer Familiengeschichte sehr unterschiedlich empfinden bzw. beschreiben (wollen). So schreiben etwa 44 Prozent der Befragten mit einem statistischen Migrationshintergrund sich selbst keinen Migrationshintergrund zu. Die Studie macht deutlich, dass mit Hilfe des Migrationshintergrunds als statistischer Kategorie z.B. ungleiche Teilhabechancen in der Gesellschaft sichtbar gemacht werden können. Die Kategorie sollte aber nicht als feststehende Identität missverstanden werden: „Wichtig für das weitere Zusammenwachsen ist, dass der Begriff des ‚Migrationshintergrunds‘ nicht zu einem Schubladendenken führt – es darf damit keine Trennlinie durch die Bevölkerung gezogen werden“, erläutert Kai Unzicker.