Mit insgesamt 294 Versprechen enthält der Koalitionsvertrag 2018 knapp 60 Prozent mehr als die 188 Einzelversprechen im Koalitionsvertrag von 2013. Von diesen insgesamt 294 Einzelversprechen hat die Große Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode 214 Versprechen (73 Prozent) vollständig und weitere 15 Versprechen (5 Prozent) teilweise umgesetzt. Damit fällt ihre Schlussbilanz mit einem deutlich höheren Anteil vollständig eingelöster Versprechen noch einmal leicht besser aus, als die der Vorgängerregierung. Die hatte 64 Prozent ihrer Versprechen vollständig und 15 Prozent teilweise umgesetzt. Dennoch wurde auch in dieser Legislaturperiode mit 64 Einzelversprechen etwas mehr als ein Fünftel aller Versprechen nicht eingelöst. Das ist nicht wenig. Dennoch überwiegt das insgesamt sehr gute Gesamtbild einer sowohl national wie international vergleichsweise hohen Umsetzungsquote. Die Regierung hat also weitgehend getan, was sie versprochen hat.
Versprechen gehalten – Schlussbilanz zum Koalitionsvertrag der GroKo 2018-21
Parteien und Regierungen sind besser als ihr Ruf. Das gilt auch für die Große Koalition: Von den insgesamt 294 Versprechen des Koalitionsvertrages 2018 wurden erneut fast 80 Prozent ganz oder teilweise umgesetzt. Das spiegelt sich auch in den deutlich verbesserten Vertrauenswerten zur Umsetzungstreue von Koalitionsverträgen. Eine Chance, auch für die neue Regierung.
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Das zeigt sich auch in deutlich verbesserten Vertrauenswerten gegenüber der Umsetzungstreue von Regierungsversprechen: Inzwischen glauben immerhin 22 Prozent, dass „alle, fast alle“ oder „ein großer Teil“ umgesetzt werden, und weitere 39 Prozent meinen, dass zumindest „etwa die Hälfte“ der Versprechen eingelöst werden. Die Schere zwischen Erfüllungsoptimist:innen und Erfüllungsskeptiker:innen hat sich damit nahezu geschlossen. Nur noch vier Prozentpunkte mehr der Befragten zeigen sich als Erfüllungsskeptiker:innen (26 Prozent), denen inzwischen fast ebenso viele Erfüllungsoptimist:innen (22 Prozent) gegenüberstehen.
Gute Koalitionsverträge mit konkreten Politikversprechen zu verhandeln lohnt sich also. Ihre Umsetzung eröffnet Vertrauenschancen, erhöht die Verbindlichkeit und schafft neue Glaubwürdigkeit. Politik erschöpft sich nicht in der Umsetzung von Koalitionsverträgen. Aber sie sind ein wichtiges und chancenreiches Instrument für Verbindlichkeit und Rechenschaft auch gegenüber den Wähler:innen, damit auch deren Vertrauen anstatt ins „Bergfreie“ zu fallen „idealerweise“ neue Horizonte erreicht – um es mit den Worten des Sondierungspapiers auszudrücken.
Ausblick: Die Ampelverhandlungen 2021
Die steigenden Vertrauenswerte in die Umsetzungstreue von Regierungshandeln zeigen: Vertrauen zu schaffen ist möglich und gute Koalitionsverträge mit überprüfbaren und eingelösten Versprechen können dazu einen Beitrag leisten.
Mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen der Ampelparteien heißt das: Koalitionsverhandlungen mögen schwierig und anstrengend sein, aber es lohnt sich. Sie sind eine Chance für mehr Verbindlichkeit und Vertrauen, auch und gerade im Austausch mit den Wähler:innen.
Aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie ergeben sich dafür beispielhaft die drei folgenden Empfehlungen:
- Die Vereinbarungen dürfen und sollten konkret und verbindlich sein. Ziele und Vorhaben der Koalition sollten überprüfbar sein, auf Rhetorik und vage Versprechen dabei weitestgehend verzichtet werden. Das schafft Verbindlichkeit und nur so lassen sich Umsetzungserfolge bestimmen. Was nicht geeint werden kann, gehört auch nicht in einen „Vertrag“. Floskeln lenken ab, verdecken das Wesentliche, führen zu nachgelagertem Streit, der dann die Wahrnehmung über die Umsetzung dominiert. Je konkreter und je weniger Floskeln, umso besser.
Trotz des Postulats, Politikversprechen mit konkreten Vorhaben zu formulieren, bedarf es eines Gesamtnarratives. Die vereinbarten Einzelversprechen benötigen eine Erklärung, eine fokussierte Dacherzählung mit klaren Kernbotschaften und Leitsätzen. Diese ergeben sich nicht automatisch aus den Spiegelstrichen im Laufe der letzten Nacht der Verhandlungen, sondern sind eine eigenständige Arbeit und Leistung. Dazu bedarf es einer eigenen Arbeitsgruppe, die den gesamten Verhandlungsprozess begleitet, reflektiert und erklärt. Das Sondierungspapier war dafür ein guter erster Schritt. Für den Koalitionsvertrag braucht es aber noch mehr.
Transparenz erzeugt Vertrauen. Die Einlösung der Versprechen sollte deshalb transparent dokumentiert, veröffentlicht und erklärt werden. Das gilt auch und gerade für ihre im Einzelfall begründete Nichteinlösung, für die es immer „gute“ Gründe geben kann. Diese wollen aber genannt und erläutert werden, damit sie akzeptiert und geglaubt werden können. Eine Zwischenbilanz zur Halbzeit der Legislaturperiode hat sich bewährt. Ein laufendes Koalitionstracking, auf das die Bürger:innen jederzeit zugreifen können, wäre wünschenswert. Ohne eine transparente und ehrliche Buchhaltung der Versprechen, gibt es am Ende auch in der Politik keine glaubwürde politische Gewinn- und Verlustrechnung.