Die Auswertungen des Integrationsbarometers zur Region Rhein-Ruhr zeigen, dass die Bevölkerung dort im Vergleich zu den Ballungsräumen Stuttgart und Rhein-Main toleranter ist und von Zuwanderern seltener erwartet, religiöse und kulturelle Lebensweisen aufzugeben. Während in allen drei Regionen nur selten Assimilation gefordert wird, sind solche Erwartungen im Raum Stuttgart höher, in der Region Rhein-Ruhr niedriger: Nur 20,0 bzw. 21,3 Prozent der Mehrheits- und der Zuwandererbevölkerung erwarten eine teilweise Aufgabe der kulturellen und religiösen Lebensweisen. "Vielfalt ist mittlerweile Normalität in Deutschland. Die wachsende Vielfalt geht uns alle an und eröffnet unserem Land große Chancen. Wenn unsere Gesellschaft Zuwanderern bessere Perspektiven in Bildung, Politik und Wirtschaft bietet, können sie ihr Potenzial noch mehr entfalten und eine aktivere Rolle spielen. Wir brauchen dazu ein neues Wir-Gefühl, um den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken", kommentiert Dr. Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung die Ergebnisse. In städtischen Kerngebieten mit hohen Zuwandereranteilen zeigt sich zudem ein besonders pragmatischer Umgang miteinander, bei dem interessanterweise die Zuwandererbevölkerung selbst in stärkerem Maße eine Abkehr von mitgebrachten Lebensweisen fordert als die Mehrheitsbevölkerung.
Das Zusammenleben in ethnisch gemischten Nachbarschaften wird in der Region Rhein-Ruhr dennoch als etwas schwieriger erlebt als in den beiden anderen Ballungsräumen. So halten in den Regionen Stuttgart und Rhein-Main 66,4 Prozent aller Befragten das nachbarschaftliche Zusammenleben für spannungsfrei, im Raum Rhein-Ruhr hingegen nur 62,0 Prozent.
Für die Rhein-Ruhr-Region als einem Gebiet mit höherer Arbeitslosigkeit belegt das Integrationsbarometer, dass das Vertrauen in verschiedene Herkunftsgruppen niedriger ist als in Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit. "Die Förderung sozialer Mobilität und die Realisierung von Aufstiegschancen ist für unsere Stiftung vor diesem Hintergrund eine Kernaufgabe auch im Hinblick auf die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in unserem Land", so Dr. Mark Speich, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung Deutschland.
Den hohen Stellenwert, der der Bildung in strukturschwachen Regionen zukommt, haben Mehrheits- wie Zuwandererbevölkerung in der Rhein-Ruhr-Region erkannt: Sie sehen Bildung als Investition in die Zukunft. 98,4 Prozent der Mehrheitsbevölkerung und 97,6 Prozent der Zuwanderer meinen, dass sich Zuwanderer um gute Schul- und Berufsabschlüsse bemühen sollen. Auch gute Deutschkenntnisse werden von 95,0 Prozent der Mehrheitsbevölkerung und 96,4 Prozent der Zuwanderer in Rhein-Ruhr für wichtig gehalten. "Die Menschen in der Einwanderungsgesellschaft wissen, dass zureichende Bildung und Ausbildung die Schlüssel für Integration und sozialen Aufstieg sind. Unsere gezielten Förderungen tragen dazu bei, jeder Begabung ihre Chance zu geben", erklärte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung Mercator, Dr. Bernhard Lorentz.
Für das Integrationsbarometer des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration wurden insgesamt zirka 5.600 Personen, darunter 1.880 in der Region Rhein-Ruhr, telefonisch zu ihren Einschätzungen und Erfahrungen mit der Integration von Zuwanderern befragt. Die Gesamtauswertung im Jahresgutachten 2010 des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration steht im Netz unter www.svr-migration.de.
Über den Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresbericht veröffentlicht.
Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Klaus J. Bade (Vorsitzender), Prof. Dr. Ursula Neumann (Stellv. Vorsitzende) sowie Prof. Dr. Michael Bommes, Prof. Dr. Heinz Faßmann, Prof. Dr. Yasemin Karaka?o?lu, Prof. Dr. Christine Langenfeld, Prof. Dr. Werner Schiffauer, Prof. Dr. Thomas Straubhaar und Prof. Dr. Steven Vertovec.
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