Pressemitteilung, , Gütersloh: Standort-Check der Bertelsmann Stiftung sieht kaum Fortschritte bei Wachstum und Beschäftigung

Trübe Aussichten insbesondere für ältere Arbeitnehmer

Anlass zur Hoffnung bietet hingegen die Platzierung im Aktivitätsindex, der als Frühindika­tor für den Erfolg wirtschaftspolitischen Handelns dient. Hier konnte Deutschland seinen Punktwert im Vergleich zum vergangenen Herbst erneut leicht verbessern und liegt aber weiter auf dem 16. Platz – jetzt nur noch knapp hinter Schweden, Finnland und Österreich. Begünstigt wurde diese positive Entwicklung durch eine als Folge der Hartz-Gesetzgebung erhöhte Arbeitsmarktbeteiligung, eine verhältnismäßig geringe Arbeitslosenquote der Ju­gendlichen sowie die moderate Lohnpolitik der vergangenen Jahre.

Bei den übrigen Größen des Aktivitätsindex zeigt sich noch immer viel Schatten. Insbeson­dere die Integration älterer Menschen in den Arbeitsmarkt erweist sich in Deutschland als gravierendes Problem. Während die Arbeitslosenquote der 55 bis 64-Jährigen in den Ver­gleichsländern durchschnittlich bei 4,4 Prozent liegt, sind in Deutschland mit 11,3 Prozent etwa zweieinhalb Mal soviel Ältere von Arbeitslosigkeit betroffen. Gleichzeitig ist die Er­werbsbeteiligung der älteren Menschen in Deutschland mit 44,2 Prozent extrem gering. "Ins­besondere vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und dem drohenden Fachkräftemangel kann es sich die Bundesrepublik nicht länger erlauben, das Leistungspo­tenzial und den Erfahrungsschatz der älteren Arbeitnehmer in derart großem Umfang brach liegen zu lassen. Politik, Wirtschaft und Tarifparteien sind daher in der Pflicht, verstärkt über neue Beschäftigungs-Arrangements für Ältere nachzudenken", forderte Vorstandsmitglied Dr. Johannes Meier bei der Vorstellung der Studie.

Kritisch stelle sich weiterhin die Finanzsituation der öffentlichen Hand dar. Um die Verschul­dungsproblematik in den Griff zu bekommen, seien – neben der geplanten Stärkung der staatlichen Einnahmen – weitere Kürzungen der Konsumausgaben und Subventionen erfor­derlich. Zudem müssten die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen weiter entflochten werden, da von der Mischfinanzierung erhebliche finanzielle Fehlanreize in Richtung höherer Verschuldung ausgingen, sagte Meier.

Dringenden Reformbedarf sehen die Experten der Bertelsmann Stiftung darüber hinaus im Gesundheitssystem. Vordringlich sei hier die Abkopplung der Krankheitskosten von den Ar­beitskosten sowie die Einführung von Wettbewerb und anreizkompatiblen Steuerungsinstru­menten bei den Leistungsanbietern. Gleichzeitig sollte es den Versicherungen ermöglicht werden, nicht nur über den Preis, sondern stärker als bislang auch über das Leistungsange­bot um die Versicherten zu konkurrieren. "Auf diese Weise können noch erhebliche Effizienz­reserven im Gesundheitssystem mobilisiert werden", betonte Meier.

Die Bertelsmann Stiftung hatte im Herbst 2004 erstmals das Internationale Standort-Ranking veröffentlicht, das die Entwicklung der 21 wichtigsten Industrienationen in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung vergleicht und bewertet. Der halbjährlich erscheinende "Standort-Check Deutschland" aktualisiert die Ergebnisse dieser Studie und prüft, ob die Bundesrepublik bei den wesentlichen Erfolgs- und Aktivitätsgrößen Fortschritte gemacht hat oder weiter zurückgefallen ist.

Über die Bertelsmann Stiftung:

Die Bertelsmann Stiftung versteht sich als Förderin des Wandels für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Sie will Reformen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung voranbringen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. In ihrer Projektarbeit ist die Stiftung unab­hängig vom Unternehmen und parteipolitisch neutral.


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