Pressemitteilung, , Gütersloh: Studie: Arbeitnehmer in Deutschland wollen auch in fortgeschrittenem Alter beruflich aktiv bleiben - Mehrheit möchte Renteneintritt in der Altersphase zwischen 60 und 67 selbst bestimmen

Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Bertelsmann Stiftung

Für eine Beibehaltung des bisherigen Renteneintrittsalters von 65 Jahren sprechen sich dagegen nur 34 Prozent der Erwerbstätigen aus. Lediglich 5 Prozent der Befragten sind mit einer Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre einverstanden, um auf diese Weise die Rentenzahlungen auch zukünftig finanzieren zu können.

70 Prozent der Erwerbstätigen wünschen sich eine stärkere Anerkennung der eigenen Arbeitsleistung durch den Vorgesetzten, um ihrer derzeitigen Berufstätigkeit bis zum 65. Lebensjahr mit Engagement und Motivation nachgehen zu können. Nur 11 Prozent der Befragten geben an, gegen Ende der eigenen Erwerbsbiografie gar nicht mehr arbeiten zu wollen. Die überwiegende Mehrzahl der deutschen Arbeitnehmer möchte in dieser Lebensphase beruflich aktiv bleiben: 21 Prozent wollen weiter ganztags arbeiten, 47 Prozent wünschen sich eine Teilzeit-Beschäftigung, und 19 Prozent plädieren für ein Wechselspiel zwischen Arbeit und Freizeit.

Nach dem Eintritt in den Ruhestand wollen sich die heutigen Arbeitnehmer vor allem um Familie und Freunde kümmern (98 Prozent) oder ihren Hobbys widmen (95 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Befragten möchten sich gesellschaftlich engagieren. Auch der Wunsch nach einer Nebenbeschäftigung im Rentenalter ist mit 44 Prozent recht ausgeprägt. Immerhin 42 Prozent der Befragten wollen sich über VHS-Kurse oder Uni-Vorlesungen weiterbilden.

Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass 71 Prozent der Befragten schon heute eine ökonomische Notwendigkeit sehen, auch in der nachberuflichen Phase dazuverdienen zu müssen. Je jünger die Arbeitnehmer sind, desto höher schätzen sie den wirtschaftlichen Zwang zur Arbeit im Rentenalter ein: 82 Prozent der 35- bis 39-Jährigen halten dies für ein realistisches Szenario, während finanzielle Gründe für die Befragten zwischen 50 und 55 Jahren von geringerer Bedeutung sind (64 Prozent).

Die Hauptverantwortung für den Erhalt und die Sicherung der Beschäftigungs- und Lernfähigkeit bis zum Eintritt ins Rentenalter sehen die befragten Arbeitnehmer bei sich selbst (94 Prozent). Rund zwei Drittel der Befragten sprechen dem direkten Vorgesetzten (67 Prozent) sowie der Unternehmensleitung (62 Prozent) eine Mitverantwortung zu. Die Personalabteilungen und Gewerkschaften spielen in diesem Zusammenhang in den Augen der Erwerbstä¬tigen nur eine untergeordnete Rolle.

„Angesichts der demographischen Entwicklung ist ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel hin zu längeren Tätigkeitsbiographien zwingend notwendig“, sagte Vorstandmitglied Dr. Johannes Meier bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse. Das kalendarische Alter des Menschen dürfe nicht länger über seine Beschäftigungschancen und die Teilnahme am sozialen Leben entscheiden. „Die hohe Bereitschaft der Erwerbstätigen, sich bis ins Alter beruflich und gesellschaftlich zu engagieren, sehen wir als Hinweis für die Entwicklung einer neuen Kultur der Altersbeschäftigung“, sagte Meier. Politik und Verbände seien nun aufgerufen, gesetzliche und tarifliche Fehlanreize zur vorzeitigen Ausgliederung von älteren Beschäftigten abzubauen und neue Formen des fließenden Übergangs zwischen Arbeit und nachberuflichem Engagement zu entwickeln.

Die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer ist in diesem Jahr ein inhaltlicher Schwerpunkt der Bertelsmann Stiftung. Mitte September verleiht sie ihren mit 150.000 Euro dotierten Carl Bertelsmann-Preis zum Thema „Älter werden – aktiv bleiben. Beschäftigung in Wirtschaft und Gesellschaft“.