Dachreihe hinter einer Hecke

Binnenwanderungen als wichtiger Faktor für demografische Entwicklungen

Neben der gestiegenen Zuwanderung nach Deutschland zählen Binnenwanderungen zu den entscheidenden Faktoren, die die Entwicklung und Zusammen­setzung der Bevölkerung in den Städten und Gemeinden beeinflussen. Sie führen zu Zu- oder Fortzügen, zu einer jüngeren oder älteren Einwohnerschaft. Wanderungsbewegungen zu verstehen ist eine wichtige Voraussetzung für kommunale Planungen – Transparenz durch die Analyse von Daten ist dafür eine entscheidende Grundlage.

Im Datenportal Wegweiser Kommune der Bertelsmann Stiftung werden daher verschiedene Wanderungsindikatoren für alle Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ab dem Jahr 2006 bereitgestellt, die kostenlos abgerufen werden können. Auf Basis dieser Daten und verschiedener Raumtypologien wurden die Wanderungsbewegungen vom ILS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung gGmbH ausgewertet und analysiert. Folgende Fragestellungen standen dabei im Fokus:

  • Reurbanisierung der Klein- und Mittelstädte:

    Lässt sich neben der vielfach nachgewiesenen quantitativen Reurbanisierung der Großstädte auch eine Reurbanisierung der Klein- und Mittelstädte beobachten? Profitieren also nicht nur die großen Städte vom Zuzug aus dem Umland, sondern auch die Klein- und Mittelstädte?
  • "Überschwappeffekte" der Großstädte ins Umland:

    Inwieweit zeichnet sich ein Ende des "Reurbanisierungstrends" der vergangenen Jahre ab? Gibt es wieder mehr Stadt-Umland-Wanderungen?" 
  • Entleerung ländlicher Räume:

    Entleeren sich ländliche Räume durch eine lang anhaltende Abwanderung in urbane Räume und einen fehlenden Zuzug aus urbanen Räumen?

Analyse bestätigt Trend der Reurbanisierung

Die Ergebnisse zeigen, dass neben den Großstädten auch Klein- und Mittelstädte Zuzüge zu verzeichnen haben - auch wenn nicht alle kleineren Städte in Deutschland von dieser nahräumlichen Reurbanisierung profitieren können. Daneben konnte ein sogenannter "Überschwappeffekt" der Großstädte nachgewiesen werden. Das heißt, besonders die großen Großstädte verlieren über Suburbanisierungsprozesse wieder zunehmend Bevölkerung an ihr direktes Umland, den "Speckgürtel".

Am Beispiel der 10 größten deutschen Städte werden diese "Überschwappeffekte" besonders deutlich: Während einerseits die Zuzüge aus dem Umland in die Kernstädte während des gesamten Betrachtungszeitraums (2006 bis 2015) konstant sind, nehmen andererseits die Fortzüge von der Kernstadt ins direkte Umland überproportional zu.

Im Ergebnis verlieren die insbesondere die großen Großstädte wieder zunehmend Bevölkerung an ihr direktes Umland - es gibt also gleichzeitig eine großräumige Reurbanisierung und eine kleinräumige Suburbanisierung.

Was die ländlichen Räume betrifft, setzt sich die kontinuierliche Entleerung dünn besiedelter ländlicher Räume durch eine lang anhaltende Abwanderung in urbane Räume und fehlenden Zuzug fort. Allerdings geschieht dies auf einem relativ geringen Niveau und ist damit ein eher schleichender Prozess.

Fazit

Die Analysen zeigen, wie wichtig die kleinräumige Betrachtung von Wanderungsbewegungen ist, um aktuelle Trends der Raumentwicklung differenziert zu diskutieren. So kann zum einen eine großräumige Polarisierung zwischen urbanen Zentren und peripheren Räumen nachgewiesen werden. Zum anderen gewinnen aber auch Mittel- und Kleinstädte im ländlichen Raum. Für eine vorausschauende kommunale Planung ist dieser differenzierte Blick entscheidend. Und für Klein- und Mittelstädte eine Chance auf Zuwachs - vorausgesetzt die Lebens- und Arbeitsbedingungen sind für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv genug.

Ein detaillierter Blick auf die Wanderungsverflechtungen einzelner Städte und Gemeinden ist im Statistikbereich des Portals www.wegweiser-kommune.de möglich.