Ein Schülerin zeigt ihre Arbeit in die Kamera.
© Ulfert Engelkes

Jakob Muth-Preisträger 2012: Gemeinschaftsgrundschule in Eitorf

Die Gemeinschaftsgrundschule Eitorf in der Gemeinde Eitorf im nordrhein-westfälischen Rhein-Sieg-Kreis ist eine offene Ganztagsschule, an der Kinder von 6.45 bis 17.30 Uhr ein vielfältiges Unterrichts- und Betreuungsangebot wahrnehmen können. Bereits 2003 hat die Schule den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf eingeführt. Seit etwa zwei Jahren lernen nun alle 330 Kinder, darunter 31 mit diagnostiziertem Förderbedarf, gemeinsam. Eine Trennung in Regel- und Integrationsklassen gibt es nicht mehr.

Eitorf hat aufgrund von vielen Fabrik- und Firmenschließungen in den letzten Jahren mit einer hohen Arbeitslosenquote zu kämpfen. Viele Kinder der großen türkischsprachigen Gemeinde Eitorfs sprechen zuhause kein Deutsch. Das stellt besondere Herausforderungen an die Grundschule: Ein großer Teil der Kinder kommt aus sozial schwachen Familien, viele haben Sprachschwierigkeiten. Trotzdem fallen die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten an der Schule nicht hinter dem landesweiten Durchschnitt zurück. Die Schüler erbringen beeindruckende Leistungen, insbesondere auch im kreativen, künstlerischen, musischen und sozialen Bereich. Die Schule hat für ihr herausragendes Konzept in den letzten Jahren verschiedene landes- und bundesweite Auszeichnungen erhalten (z.B. beim Deutschen Präventionspreis für ganzheitliche Förderung). Immer mehr Eltern wählen die Schule bewusst wegen ihrer überzeugenden Arbeit und des mit dem Vormittag verzahnten Ganztagskonzepts für ihre Kinder aus.

Die Unterrichtsgestaltung ist außergewöhnlich: Gelernt wird mit einer übergreifenden Materialsammlung, die die Lehrkräfte in Bezug auf die Kompetenzanforderungen der Richtlinien und Lehrpläne selbst zusammengestellt haben. Die Kinder können je nach Neigungen und Fähigkeiten unterschiedliche Wege und Hilfsmittel zur Bewältigung des Lernstoffs wählen. Alle Lehrkräfte verstehen sich als Lernbegleiter der Kinder: Sie möchten einerseits Spielraum für selbständiges Handeln und Lernen eröffnen, andererseits das notwendige Maß an Verlässlichkeit und Verbindlichkeit bieten. Kein Kind darf unter- oder überfordert werden. Der inklusive Gedanke ist im Unterricht immer spürbar: Jedes Kind wird mit seinen besonderen Interessen und Fähigkeiten, aber auch individuellen Problemlagen ernst genommen und gefördert. Ein besonderes Highlight des vergangenen Schuljahres war das EU-Projekt „Lerner des 21. Jahrhunderts – Europe4you“. An diesem Projekt haben neben der Gemeinschaftsgrundschule Eitorf eine weitere Schule aus Deutschland sowie Schulen aus England, Finnland und Österreich teilgenommen. Lehrer aus allen beteiligten Schulen arbeiteten gemeinsam an Fragen zur Unterrichtsentwicklung. Es fanden vielfältige Aktivitäten zwischen den Kindern der verschiedenen Länder statt. Ganz zentral war der Englandaustausch der Drittklässler. Obwohl die Förderung ausgelaufen ist, wird der Austausch auch in den kommenden Jahren angeboten. Auf dieses große Erlebnis bereiten sich die Kinder in einer Englisch AG gezielt vor. Der Austausch steht allen Kindern offen. Bei finanziellen Schwierigkeiten unterstützt der Förderverein der Schule.

Auch die Raum- und Pausenhofgestaltung zeigt: Die Schule ist ein flexibler Lernort für alle Kinder. Die Schulräume sind so gestaltet, dass die Kinder sich frei bewegen, an verschieden gestalteten Arbeitsplätzen wie Computer-, Lese- und Mathematikecke lernen, sich zusammensetzen und auch zurückziehen können. Themenräume wie Kunst-, Musik-, Englisch-, Computer-, Experimentier- und Bewegungsraum ergänzen die Möglichkeiten im Schulgebäude. Auf dem Pausenhof findet man unter anderem einen Schulgarten und ein grünes Klassenzimmer. Hier kann im Freien gelernt und geforscht werden. Selbständigkeit und Verantwortungsgefühl zu vermitteln, das ist ein wichtiges Anliegen der Schule. Klassenweise übernehmen ältere Kinder Patenschaften für Erstklässler. Im wöchentlichen Kinderparlament diskutieren die gewählten Klassenvertreter aktuelle Themen und fällen demokratische Entscheidungen. So wurden z.B. die Schulregeln vom Kinderparlament selbst erstellt. Bei der Planung und Gestaltung des Außenbereichs haben die Kinder aktiv mitgewirkt. Sie organisieren auch die Ausleihe von Büchern und Spielgeräten selbst. Die Schule hat eine Partnerschule in Indien, die durch viele Aktionen der Schüler unterstützt wird. Für die Eltern gibt es ein monatliches Elterncafé und verschiedene themenbezogene Elternabende. Sie sind ausdrücklich eingeladen, in den Klassen mitzuarbeiten, z.B. beim Forschen und Lesen. Die Schule ist mit vielen Kooperationspartnern innerhalb der Gemeinde vernetzt. Einmal pro Woche lesen Schüler den Bewohnern des sozial-psychiatrischen Zentrums vor Ort Geschichten vor. Ausgehend von der Grundschule und der benachbarten Schule wurde der Arbeitsprozess zur Entwicklung von Eitorf als Inklusionsgemeinde angestoßen.

Die Schulportraits sind jeweils zum Zeitpunkt der Verleihung des Jakob Muth-Preises entstanden und bilden die Schule zu dem entsprechenden Zeitpunkt in ihrer pädagogischen und didaktischen Arbeit ab. Inzwischen können sich Änderungen ergeben haben. Wir bemühen uns, die Webadressen aktuell zu halten.

Kontakt:


Mosaikschule Eitorf (ehemals Gemeinschaftsgrundschule Eitorf)
Brückenstraße 18
53783 Eitorf
grundschule.eit@t-online.de
www.ggs-eitorf.de

Schulleitung zum Zeitpunkt der Bewerbung: Boris Kocéa