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, Buchveröffentlichung: Was hält asiatische Gesellschaften zusammen?

Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist in vielen Ländern zu einer wichtigen politischen Zielgröße avanciert, nicht nur in der westlichen Welt, sondern auch in Asien. Trotz des wachsenden Interesses an dem Konzept gibt es bislang jedoch noch kein allgemein geteiltes Verständnis von gesellschaftlichem Zusammenhalt. Vor allem fehlt es an empirischen Erkenntnissen. Deshalb haben wir den Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt entwickelt. Die Ergebnisse zu Süd-, Südost- und Ostasien liegen jetzt in einer neuen Studie vor.

Der wirtschaftliche und politische Aufstieg Asiens zählt zu den wichtigsten Entwicklungen der Gegenwart. Asien ist zum Motor der Weltwirtschaft geworden. Viele asiatische Volkswirtschaften wachsen mit hohem Tempo und werden zunehmend komplexer. Zugleich wachsen in der Region jedoch auch die gesellschaftlichen Probleme. Nahezu alle asiatischen Gesellschaften befinden sich im Auf- und Umbruch und werden durch tiefgreifende Transformationsprozesse verändert. Vielerorts nimmt die soziale Ungleichheit zu. Als Folge dieser Entwicklungen sind in zahlreichen Ländern Asiens Spannungen und Konflikte zu verzeichnen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die politische Stabilität herausfordern.

Vor diesem Hintergrund präsentiert die neue Studie des Projekts „Radars gesellschaftlicher Zusammenhalt“ erstmals wissenschaftlich gesicherte und vergleichbare empirische Daten zu 22 Staaten in Süd-, Südost- und Ostasien (SSOA) für den Zeitraum 2004-2015. Hierfür wurde von einem Team wissenschaftlicher Experten unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Boehnke (Jacobs University Bremen) und Prof. Dr. Jan Delhey (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg) ein theoretisch und empirisch fundierter Index entwickelt, durch den der gesellschaftliche Zusammenhalt in möglichst vielen Ländern in SSOA gemessen werden konnte. Der Index ermittelt den Grad des Zusammenhalts in den jeweiligen Staaten, stellt die zeitliche Entwicklung dar und zeigt Stärken und Schwächen im Zusammenhaltsprofil der einzelnen Länder auf. Außerdem werden Determinanten und Auswirkungen sozialen Zusammenhalts analysiert.

Schlüsselfaktoren für gesellschaftlichen Zusammenhalt in SSOA

Insgesamt zeigt die Datenanalyse, dass in SSOA der soziale Zusammenhalt in den wirtschaftlich am weitesten entwickelten Ländern am stärksten ausgeprägt ist. Dies bedeutet, dass wirtschaftliche Entwicklung, Wohlstand, Human Development (vor allem Bildung und Lebenserwartung) und Geschlechtergleichheit Schlüsselfaktoren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt darstellen. Allerdings gibt es auch weniger entwickelte Länder mit einem hohen Zusammenhalt. Extreme Armut hat den größten negativen Einfluss, gefolgt von der Diskriminierung von Frauen. Kulturelle Vielfalt im Sinne sprachlicher, ethnischer oder religiöser Heterogenität hingegen zeigt keinen eindeutig nachweisbaren Einfluss auf sozialen Zusammenhalt. Lediglich ein sehr hoher Grad an ethnisch-kultureller Vielfalt scheint den sozialen Zusammenhalt zu beeinträchtigen.

Im Gesamtindex aller untersuchten Länder über den gesamten Untersuchungszeitraum liegen Hongkong und Singapur an der Spitze, gefolgt von Thailand und Bhutan. Ein moderater Zusammenhalt wurde für die meisten Länder Südostasiens gemessen, während die südasiatischen Länder die Schlusslichter bilden. Außerdem wurden verschiedene Cluster von Ländern mit jeweils ähnlichen Merkmalen im Hinblick auf ihren gesellschaftlichen Zusammenhalt ermittelt, die ebenfalls eine detaillierte Erörterung erfahren.

Zu den positiven Effekten von sozialem Zusammenhalt gehört, dass er dazu beiträgt, wirtschaftliche Produktivität zu fördern und Arbeitslosigkeit zu verringern. Gleichzeitig weisen die Ergebnisse des Radars gesellschaftlicher Zusammenhalt für Asien auch auf den möglichen janusköpfigen Charakter von Zusammenhalt hin: Je nach politischen Rahmenbedingungen kann er einerseits als Kitt der Gesellschaft, der wirtschaftlichen Fortschritt und „wohlwollenden“ politischen Führern eine inklusive Entwicklungspolitik ermöglicht, andererseits aber auch als Fundament autoritärer Herrschaftssysteme dienen.

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