Mensch im Gespräch

Über Teilqualifikationen in den Job und zum Berufsabschluss

Abschlussorientierte und berufsanschlussfähige Teilqualifikationen (TQs) ebnen Menschen ohne Berufsabschluss den Weg in den Arbeitsmarkt. Die modulare berufliche Weiterbildung ermöglicht es geringqualifizierten Erwachsenen einen Berufsabschluss flexibel und schrittweise nachzuholen. Zusammen mit Projektpartnern gehen wir der Frage nach, wie ein flächendeckendes, anschlussfähiges Angebot zur modularen Qualifizierung gestaltet werden kann. 

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In Deutschland leben und arbeiten über 4,6 Mio. Menschen, die keine formale Berufsausbildung abgeschlossen haben. Sie gelten als formal geringqualifiziert. 

Ohne einen formalen Berufsabschluss, der sie qualifiziert und der ihre beruflichen Kompetenzen belegt, verbleiben die meisten von ihnen in unsicheren und prekären Arbeitsverhältnissen. Ihre Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt sind deutlich geringer als bei Arbeitnehmer:innen mit Berufsabschluss. Ihr Risiko arbeitslos oder sogar langzeitarbeitslos zu werden, ist ungleich höher. Für einen erfolgreichen und dauerhaften Eintritt in den Arbeitsmarkt sind formale Berufsabschlüsse also von großer Bedeutung. 

Um das zu erreichen, muss es Menschen über 25 Jahre ermöglicht werden, einen Berufsabschluss nachzuholen. Allerdings zeichnet sich in Deutschland keine positive Entwicklung in der Nachqualifizierung ab: Die Quote der Menschen ohne formalen Berufsabschluss hat sich in den letzten 20 Jahren kaum verringert. Mit durchschnittlich 16,8 Prozent ist die Quote über alle Alterskohorten relativ konstant

Angesichts der aktuellen Herausforderungen braucht es neue Wege und Lösungen, um mehr Menschen einen formalen Berufsabschluss zu ermöglichen. Ein erfolgversprechender Weg sind modulare berufliche Teilqualifikationen als Teil eines flexibleren beruflichen Weiterbildungssystems. TQs erhöhen die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen und ebnen den Weg in einen qualifizierten Beruf. 

Einstieg in den Job, Schritt für Schritt zum Abschluss 

Abschlussorientierte Teilqualifikationen richten sich an Erwachsene über 25 Jahre, die keine in Deutschland anerkannte Berufsausbildung abgeschlossen haben. Inhaltlich sind sie an den Ausbildungsordnungen und -rahmenplänen der einzelnen Berufe ausgerichtet. Ein Beruf umfasst dabei fünf bis acht voneinander abgegrenzte TQ-Module. Jedes Modul besteht aus einer theoretischen und einer praktischen Phase und vermittelt das berufliche Wissen für ein betriebliches Einsatzfeld. In dieser Form qualifizieren TQs die Teilnehmer:innen für den praktischen Einsatz in den Betrieben. Schon ein einzelnes TQ-Modul ist arbeitsmarktwirksam verwertbar und ermöglicht einen direkten Jobeinstieg. 

Neben der Qualifizierung in Vollzeit lassen sich TQ-Module auch berufsbegleitend absolvieren. Somit passt sich die modulare Nachqualifizierung flexibel an die Lebensrealität der Ü25-Jährigen an.  

Über passende Förderinstrumente der Bundeagentur für Arbeit (wie z. B. das Qualifizierungschancengesetz) erfolgt – in Abstimmung mit dem Betrieb – die schrittweise Qualifizierung. Die Qualifizierungen führen abschließend bis zur Externenprüfung, sodass nach erfolgreichem Abschluss von TQ-Modulen die Chance auf einen qualifizierten Berufsabschluss besteht. Gerade in Krisenzeiten erhält bzw. erhöht das die individuelle Beschäftigungsfähigkeit. Auch die Unternehmen profitieren von der schrittweisen Weiterbildung ihrer Mitarbeiter:innen. Durch passgenaue Teilqualifizierungen haben sie genau die Arbeitskräfte im Haus, die sie auch benötigen. Zugleich stärken sie die Bindung der Mitarbeiter:innen an ihr Unternehmen. 

Intransparenz auf dem Markt der Teilqualifizierungen 

Abschlussorientierte berufliche Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen stehen auch im Fokus der Bundesregierung. In der Nationalen Weiterbildungsstrategie benennt sie Teilqualifizierungen als Möglichkeit, sich ohne Berufsabschluss schrittweise qualifizieren zu können. 

Bundesweit gibt es zahlreiche Bildungsträger, die berufsanschlussfähige Teilqualifizierungen anbieten. Entsprechend unübersichtlich ist der Markt. Die unterschiedlichen Gliederungen der Berufsbilder in einzelne TQ-Module machen die Angebotssituation aber nicht nur intransparent. Sie führen auch zur mangelnden Anschlussfähigkeit einzelner Maßnahmen. Lernende, die sich schrittweise qualifizieren möchten, stoßen bei den Bildungsträgern auf TQ-Module mit sehr unterschiedlich gegliederten Inhalten. Das macht z. B. den Wechsel eines Bildungsträgers während der Qualifizierungsphase unmöglich. 

Den Unternehmen und Betrieben wiederum fällt es schwer, ihre Bewerber:innen einzuschätzen. Durch die Angebotsvielfalt auf dem Qualifizierungsmarkt ist nicht klar, welche konkreten Kompetenzen mit einem bestimmten TQ-Zertifikat verbunden sind. Was es braucht, ist eine bundesweite Standardisierung von Teilqualifizierungen.  

Teilqualifikationen als wichtiger Schlüssel für einen zukunftsfähigen Arbeitsmarkt 

Die Arbeitsmarktrisiken für Geringqualifizierte werden in Zukunft durch den Strukturwandel und die Digitalisierung weiter zunehmen und die Arbeitswelt grundlegend verändern. Die Lösung kann hierbei nur eine Erhöhung der Weiterbildungsteilhabe sein. Doch das berufliche Weiterbildungssystem in Deutschland ist nicht ausreichend auf das modulare lebensbegleitende Lernen ausgerichtet. Es fehlt eine grundlegende Ordnung, ein System in der beruflichen Weiterbildung von Erwachsenen ähnlich zum dualen Ausbildungssystem.  

Vor diesem Hintergrund setzten wir uns in unserem Projekt für ein anschlussfähiges und bundesweit einheitliches Teilqualifizierungssystem ein.  

Letztlich lautet das Ziel, mehr Menschen qualifiziert in Lohn und Brot zu bringen und damit das verfügbare Fachkräftepotenzial in Deutschland zu erhöhen. Auf diesem Weg ist noch viel zu tun: Beispielsweise sollte das Lernen über TQs belohnt werden. Die Aufnahme in Tarifverträgen stellt eine gerechte Entlohnung sicher und setzt Anreize, weitere TQs zu absolvieren.