Kinder im Klassenraum
Symbolbild – © Veit Mette

Georg-Boeselager-Schule Heimerzheim: Anspruchsvoll: Schule aufbauen und dabei alle mitnehmen

Ein Interview von Inge Michels und Angela Müncher.

Ein Gespräch mit dem Schulleitungsteam Angelika Polifka (Schulleiterin), Barbara Ulbrich (stellvertretende Schulleiterin) und dem didaktischen Leiter Axel Fuhs

Es fällt auf, dass der Wandel zur Sekundarschule von allen sehr positiv genutzt wird. Der beste Beweis dafür ist sicher die Einstimmigkeit in Lehrer- und Schulkonferenz bei der Abstimmung zu Vielfalt fördern. Wie erklären Sie sich dieses gute Miteinander?

Angelika Polifka: Wir wollten uns das Programm ganz gezielt zur Schul- und Unterrichtsentwicklung gönnen. 

Ein wichtiger Punkt war sicher, dass allen Kolleginnen und Kollegen klar war, dass auch ihrer Heterogenität, also der der Lehrerinnen und Lehrer, Rechnung getragen werden würde. So ist die Steuergruppe sowohl mit erfahreneren als auch mit jüngeren Kollegen besetzt worden. In der Fortbildung selbst wurde darauf geachtet, auch diejenigen mitzunehmen, die an bestimmten Punkten Zweifel hatten oder Kritik formulierten. Das haben wir nicht pro forma gemacht, sondern weil wir gesehen haben, dass wir insgesamt zu besseren Lösungen kommen, wenn wir Einwände ganz genau betrachten.

Eine große Leistung, den Wandel zur neuen Schulform und eine zweijährige Fortbildung so einstimmig zu schultern …

Barbara Ulbrich: Widerstand anzuerkennen, ist dabei sehr, sehr wichtig. Das sind ja die Personen, die uns einladen, noch mal genauer zu prüfen: Was ist denn gut an dieser neuen Sache? Und was können wir auch wirklich für unsere Schule gebrauchen? Wo profitieren wir davon? Ohne diesen Widerstand würden wir das nicht tun. Wenn wir alles toll finden würden, dann würde diese Qualitätsüberprüfung fehlen. Und insofern war es gut, dass es durchaus Kollegen gab, die nachgefragt haben.

Axel Fuhs: Ich denke, da lag für uns auch die Chance bei Vielfalt fördern. Schulentwicklung ist ja für unterschiedliche Gruppen unterschiedlich relevant. Aber es kamen regelmäßig alle zusammen, damit Inhalte und Entwicklungen transparent gemacht werden konnten. Wir stellten uns Fragen wie zum Beispiel: "Wo bewegen wir uns gerade?", "Wo soll es hingehen?", "Welche Meilensteine wollen wir uns setzen?" Das war gut.

Der Wandel zur Sekundarschule bringt neue Stellen mit sich und eine Anpassung der Stundenverpflichtung der Lehrkräfte mit Realschul- und Hauptschullehramt. Welche Vorteile von Vielfalt fördern wirken sich direkt auf den Wandel zur Sekundarschule aus?

Angelika Polifka: Ganz grundsätzlich haben wir die Fortbildung genutzt, um uns mit den Anforderungen an Unterricht für eine heterogenere Schülerschaft auseinanderzusetzen. Konkret versuchen wir, wie bereits gesagt, die Stärken aller Kolleginnen und Kollegen zu berücksichtigen. Ein gutes Beispiel ist, dass zunächst vor allem die interessierten Kollegen in die heterogeneren Klassen gehen und Konzepte erarbeiten, die auch nachkommende Kollegen nutzen können. Das macht die Lernplanerstellung besonders lohnend im Sinne von nachhaltig. Kollegen, die nach und nach in die Sekundarschule kommen, können schon jetzt auf einen Lernplan zurückgreifen. Keiner muss bei null anfangen. Und da hat uns Vielfalt fördern geholfen, die Basis für diese heterogene Lernplanvorlage zu erarbeiten. Natürlich nicht in allen Feinheiten, aber im Allgemeinen.

Axel Fuhs: Auch in der Fortbildung selber wurde darauf geachtet, alle mitzunehmen. Dazu hat die Steuergruppe gemeinsam mit den Moderatorinnen und Moderatoren hinreichend viel Platz für die Arbeit in Teams eingeräumt. Es hat sich gezeigt: Wenn jedem Kollegen deutlich ist, dass seine bzw. ihre Expertise gefragt ist, wenn Dinge selbst weiterentwickelt werden, dann werden sie auch anerkannt und im Unterrichtsalltag weiter mit Leben gefüllt. Hier musste in der Fortbildung einiges individualisiert werden, weil wir an vielen Stellen schon weiter waren als andere Schulen. Ab dem Moment, wo das funktioniert hat, lief es gut. Jetzt liegen bestimmte Standards einfach schon vor, an denen sich neue Kollegen orientieren können, und das Arbeiten in Teams von erfahrenen und weniger erfahrenen Kollegen gibt zusätzliche Sicherheit.

Beim Arbeiten in Teams sind Lehrerinnen und Lehrer auf eine Kultur der Offenheit und Rückmeldungsroutinen angewiesen. Wie funktioniert das zum Beispiel bei Hospitationen im Unterricht?

Barbara Ulbrich: Wir machen Teamteaching in den Hauptfächern und geben auch die Möglichkeit, kurzfristig Hospitationen durchführen zu können. Dann wird zeitnah zu der hospitierten Stunde auch eine Stunde ermöglicht, wo ein Nachgespräch geführt werden kann. Das haben wir in den Konferenzen besprochen und das ist akzeptiert. Es ist deshalb durchaus üblich, dass ein Kollege eine Vertretungsstunde macht, um dieses zeitnahe Feedback zu ermöglichen. Und ich komme den Kollegen mit dem Stundenplan sehr entgegen, weil ich das einfach unterstützen und fördern möchte.

Viele Schulen verbinden kollegiale Hospitationen, das Arbeiten im Team und Schulentwicklung insgesamt mit viel Arbeit. Wie ist das bei Ihnen?

Axel Fuhs: Das ist eine Frage der Perspektive. Wir machen eigentlich seit zehn Jahren Schulentwicklung: Entweder war die QA (Qualitätsanalyse) da oder wir bereiteten den Schulwechsel vor, dann der Aufbau der Sekundarschule und das Auslaufen der anderen Schulformen … Das ist natürlich Mehrarbeit, aber Schulentwicklung gehört bei uns zum Alltag. Das empfinden wir nicht als übergestülpt oder als etwas, was noch obendrauf kommt.

Angelika Polifka: Das ist genau richtig. Schulentwicklung machen wir immer, sie ist aber kein Selbstläufer. Natürlich gehört zur Schulentwicklung eine anspruchsvolle Haltung. Wir sind gedanklich immer auf dem Weg, Dinge zu optimieren oder nachzuhaken: Wo klappt was nicht so gut und wo können wir noch ein bisschen nachsteuern? Aber wenn wir gemeinsam eine neue gute Schule, also unsere Sekundarschule aufbauen wollen, dann gehört das dazu.